Nach Ferrari-Frust von Baku: Nachtfahrt für Formel-1-Stars

Formel-1-Star Lewis Hamilton
© David Davies/PA Wire/dpa

Rennen in Aserbaidschan

Baku (dpa) - Nicht mal die Heimreise klappte bei Charles Leclerc. Per Video meldete sich der Ferrari-Pilot vom Beifahrersitz eines Miet-Vans. «Nach einem sehr schweren Wochenende in Baku dachte ich, es könnte nicht noch schlimmer werden», sagte der Formel-1-Star bei der Fahrt durch die Nacht und schwenkte zur Seite. Dort saß breit grinsend ausgerechnet Williams-Pilot Carlos Sainz am Steuer. 

«Wir sind umgeleitet worden», berichtete der Spanier vom Flug, der eigentlich in Nizza landen sollte, wegen eines Sturms aber «irgendwo mitten in Italien» (Sainz) endete. Kurzerhand nahm sich Sainz einen Mietwagen und chauffierte Leclerc ins gemeinsame Zuhause Monaco - und es wirkte wie zu gemeinsamen Zeiten bei der Scuderia. Beide lachten, beide hatten Spaß. 

«Demütigung» für Ferrari

Dabei hatte Sainz nur ein paar Stunden vorher der Schmach der roten Flotte beim Großen Preis von Aserbaidschan noch eine besonders pikante Note verliehen. «Die Demütigung geht weiter», schrieb Italiens «Tuttosport» über den «Flop Ferrari». 

Lewis Hamilton missachtete beim Kampf um Platz acht eine Stallorder. Er habe diese spät und nicht richtig umgesetzt, erklärte der Brite. Leclerc bezeichnete die Aktion umgehend als «dumm». Ausgerechnet Sainz raste derweil im Williams zum ersten Mal seit seiner Ausmusterung bei Ferrari aufs Podest. 

Vor dieser Saison hatte er Platz machen müssen für den mittlerweile 40 Jahre alten Hamilton. Und das, obwohl er im Ferrari keineswegs enttäuscht hatte und noch immer den bis dato letzten Grand-Prix-Sieg für die Scuderia für sich reklamieren kann. Es war in Mexiko-Stadt Ende Oktober vergangenen Jahres. 

Kritik aus der Heimat

In Baku wurde der 31 Jahre alte Madrilene Dritter hinter Max Verstappen im Red Bull und George Russell im Mercedes. Und wo waren die beiden Ferraris? Deutlich weiter hinten. Platz acht für Lewis Hamilton, Rang neun für Leclerc. 

«Ein Rennen zum Vergessen für die Roten», wetterte der «Corriere dello Sport». «Ferrari kommt nicht voran», hieß es bei der «Gazzetta dello Sport». In der finanziell wichtigen Konstrukteurswertung rutschte die Scuderia mit der mickrigen Ausbeute von sechs Punkten in Baku auf den dritten Platz hinter McLaren und Mercedes - und von Platz vier drängt Red Bull. In der Fahrerwertung belegen Leclerc und Hamilton die Plätze fünf und sechs. 

Der letzte Sieg gelang Leclerc am 20. Oktober 2024 - ein Jahr ohne Ferrari-Sieg rückt also näher. Hamilton hat den persönlichen Jahrestag der Sieglosigkeit schon längst hinter sich. Am 28. Juli 2024 hatte er im Mercedes in Spa-Francorchamps triumphiert, es war sein 105. Grand-Prix-Erfolg gewesen. Die mächtigen Rekordzahlen des siebenmaligen Champions können allerdings seinen bedenklichen Negativtrend schon länger nicht mehr überdecken. 

Seit der bitteren WM-Niederlage 2021 in Abu Dhabi gegen Verstappen, als der damalige Rennleiter mit seinem Eingreifen für eine der umstrittensten WM-Entscheidungen gesorgt hatte, ist vom Erfolgsgaranten Hamilton nicht mehr viel übriggeblieben. Das liegt zwar auch immer mit am Auto. Fakt ist aber: Kein Sieg 2022, kein Sieg 2023, zwei Siege 2024, kein Sieg in dieser Saison. Macht zwei Siege in 85 Grand Prix in diesem Zeitraum. 

Hamilton-Bilanz seit WM-Finale 2021: Zwei Siege in 85 Grand Prix 

Als «nutzlos» bezeichnete er sich schon in diesem Jahr, das so wichtige Binnenverhältnis zu seinem italienischen Renningenieur scheint immer noch an manchen Stellen zu knarzen. Nach der Qualifikation in Baku, wo er sich Hoffnungen auf die Pole Position nach einem starken Trainingsfreitag gemacht hatte, haderte Hamilton öffentlich mit der Reifenstrategie. 

Im Rennen, das für den 104-maligen Polesetter von Position zwölf begann, ließ ihn Lerclerc wie vom Kommandostand angewiesen vorbei - Hamilton hatte die zu dem Zeitpunkt besseren Reifen. Als sich das aber nicht auszahlte, bekam Hamilton die Order, Leclerc in der letzten Runde wieder passieren zu lassen. 

Nur machte er das nicht so, wie es gedacht war. Leclerc hatte sich direkt Luft gemacht. «Es ist mir eigentlich egal, es geht nur um den achten Platz», sagte Leclerc: «Also ist es okay, er kann sich über diesen achten Platz freuen. Es ist nur dumm, weil es nicht fair ist.» Immerhin: Hamilton kündigte eine Entschuldigung an.

Wie der Brite, der auch in Monaco ein Appartement hat, zurückgekommen ist, ist übrigens nicht überliefert. Im Wagen der Spontan-Fahrgemeinschaft Sainz-Leclerc saß Hamilton nicht.

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Teamchef Frederic Vasseur ist wieder als Krisenmanager gefragt. © Darko Bandic/AP/dpa
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© Darko Bandic/AP/dpa
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Immer wieder gibt es auch Misstöne im Ferrari-Team.© David Davies/PA Wire/dpa
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© David Davies/PA Wire/dpa

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